Systemische Organisationsberatung

Systemische Organisationsberatung

Im Bereich ‚Veränderung von Organisationen‘ gibt es nur wenige Situationen, in denen eindeutig klar ist, was ‚richtiges‘ Führungs- oder Beratungshandeln ist und was ‚falsches‘. Einzelne Menschen oder soziale Systeme (z.B. ein Team) können sich auf eine bewusst gesetzte (Führungs- bzw. Beratungs-) Handlung hin immer auch anders verhalten, als man erwartet hat. Damit gibt es hier auch kaum einfache Wahrheiten, die im Rahmen einer fachlichen Beratung als richtiges Führungs- oder Beratungshandeln vermittelt werden können (dies wäre zum Beispiel bei technischen oder naturwissenschaftlichen Fragestellungen möglich).

Beratung bedeutet in unserem Zusammenhang deshalb vor allem

  • die Wirklichkeit des anderen zu erforschen (um erst einmal selbst zu verstehen, wie sich die Welt des zu Beratenden in der jeweils konkreten Situation darstellt)
  • Denkanstöße zu geben, so dass der zu Beratende selbst zu neuen Sichtweisen und damit zu neuen Handlungsoptionen gelangt
  • eine co-kreative Wirklichkeitskonstruktion zwischen Berater und zu Beratendem, das heißt, erst in der gemeinsamen Kommunikation zwischen BeraterIn und Klient entstehen die neuen Sichtweisen und Lösungen
  • den/die zu Beratende/n bei der Findung seiner/ihrer Lösungen zu unterstützen
  • dass sie zum größten Teil durch (emotional) intelligente Fragen erfolgt.

Folgende Grundhaltungen kennzeichnen die systemische Beratung:

  • Als BeraterIn ist einem die Situation des zu Beratenden zunächst fremd. Diese Haltung ermöglicht ein vorurteilsfreies, neugieriges, in alle Richtungen offenes Erkunden der Welt des Klienten.
  • Im Mittelpunkt stehen die Wahrnehmungen und Sichtweisen des Klienten. Wenn man in einem Beratungsprozess etwas in Erfahrung bringen und verstehen will, ist es sinnvoll, zunächst wertschätzend anzuerkennen was ist.
  • Entschleunigen. Lösungen erst dann anstreben, wenn die Sicht auf das Problem klar ist. Insbesondere Führungskräfte, von denen rasches Handeln ja fast standardmäßig erwartet wird, neigen dazu, früh zu fragen „Was ist zu tun?“, statt erst einmal ausführlich der Frage nachzugehen, „Was ist los?“

Dennoch gibt es auch in der (systemischen) Organisationsentwicklung Situationen, in denen eine erfolgreiche Beratung nicht nur aus Fragen besteht, sondern auch konkrete Empfehlungen beinhalten kann.

Gesunder Menschenverstand, ein tragfähiges Ausmaß an Empathie und eine positiv-wertschätzende Haltung gegenüber Menschen und sozialen Systemen sind eine wichtige Grundlage für gelingende Beratung im Bereich organisationaler Veränderungen.

Was ist systemisch an der systemischen Beratung?

Systemisch kann man Systemische Organisationsberatung deshalb nennen, weil sie – ganz im Sinne einer theoriegeleiteten Praxis – Konzepte unterschiedlicher Systemtheorien als Basis nutzt. Dabei kommen traditionellere Ansätze wie beispielsweise die allgemeine Systemtheorie (die auch in der Betriebswirtschaftslehre weite Verbreitung gefunden hat) ebenso zur Anwendung wie neuere Ansätze, die vor allem durch konstruktivistische Annahmen gekennzeichnet sind. Darüber hinaus bedient sich die zeitgemäße systemische Organisationsberatung insbesondere auch Konzepten der soziologischen Systemtheorien. Das ist im deutschen Sprachraum insbesondere das Werk von Niklas Luhmann (für den Organisationen in ihrem Kern aus aufeinander bezogenen Kommunikationen bestehen) und im angelsächsischen der Bezugsrahmen Talcott Parsons, der unter anderem den Zugang zu Fragen der Organisationskultur erleichtert.

Systemisch kann die Systemische Organisationsberatung darüber hinaus auch deshalb genannt werden, weil sie Fragetechniken wie beispielsweise zirkuläres Fragen oder andere praktische Interventionen – zu denken wäre beispielsweise an das Reflecting Team oder systemische Verschreibungen – aus dem Feld der systemischen Familientherapie in den Organisationskontext übertragen hat und hier erfolgreich nutzt.