Kulturverständnis

Kulturverständnis

Die Kulturperspektive bedeutet für uns insbesondere, Organisationen als Gesellschaften im Kleinen zu betrachten, die ihre jeweils eigene Kultur hervorbringen. Durch diesen Standpunkt wird es möglich, auch die symbolische und werthafte Seite von Organisationen in Beratungsprozessen zu berücksichtigen. Früher vernachlässigte Themen wie organisationale Riten, Werte und Überzeugungen können nun im Rahmen von Führung beziehungsweise Beratung diskutiert und bearbeitet werden.

Unser Verständnis von Organisationskultur orientiert sich dabei an dem Modell von Edgar Schein. Dieser hat in den frühen Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein Konzept entwickelt, das nicht zuletzt wegen seiner hohen Plausibilität und Klarheit weite Verbreitung in Praxis wie Wissenschaft gefunden hat.

In seinem Modell unterscheidet Schein drei Ebenen der Kultur. Die äußere beinhaltet die sichtbaren, materiellen Bestandteile einer Kultur. Auf der mittleren Ebene positioniert er Konstrukte, die nicht offensichtlich sind, aber beispielsweise durch Selbstbefragung erschlossen werden können – typischerweise Normen, Werte oder Einstellungen. Auf der tiefsten Kulturebene befinden sich unbewusste Grundannahmen über die Organisation, aber auch über die Welt, die so selbstverständlich sind, dass sie nicht mehr hinterfragt werden.

In die Organisationskultur finden vor allem die „Programme“ Aufnahme, die wiederkehrend zur wirkungsvollen Bewältigung organisationaler Probleme der externen Anpassung (das wäre beispielsweise die erfolgreiche Auseinandersetzung mit Herausforderungen auf den Märkten) und/oder der internen Integration beigetragen haben (beispielsweise die nachhaltige Stabilisierung positiver interner Zusammenarbeit).

In Wissenschaft wie Praxis gehen die Meinungen darüber auseinander, ob Organisationskultur bewusst gestaltet werden kann. Einige Autoren sehen in Kultur vor allem ein ‚emergentes‘ Phänomen, das heißt, sie entwickelt sich von selbst, gleichsam einem Schatten, parallel zu den Strukturen der Organisation. Andere schlagen konkrete Strategien vor, wie Organisationskultur durch gezielte Management-Handlungen zumindest innerhalb einer gewissen Bandbreite dennoch bewusst gesteuert werden kann.

Wir gehen davon aus, dass Management grundsätzlich Bedingungen herstellen kann, damit sich die Kultur eher in die eine, als in die andere Richtung verändert. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass Führungsinstrumente wie Entlohnungssysteme, Performance Appraisals, Potenzialanalysen usw. so gestaltet werden, dass sie selbst die neue, gewünschte Kultur abbilden beziehungsweise kommunizieren und vor allem auch dadurch, dass Schlüsselpositionen mit Personen besetzt werden, die als Protagonisten der neuen Kultur gelten können. Grundsätzlich bietet darüber hinaus aus unserer Sicht die Gestaltung von Strukturen (von der Architektur über generelle Regelungen bis hin zur Aufbaustruktur) eine der machtvollsten Möglichkeiten, Kulturentwicklung in Organisationen zu beeinflussen.

Unsere Erfahrung zeigt, dass es bei Kulturwandel in der Praxis meist darum geht, eine reale Organisationskultur in einzelnen, konkreten Aspekten weiterzuentwickeln, und weniger um radikale Umbrüche der Gesamtkultur. Nur zum Vergleich: Auch Bayern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten relativ rasch vom Agrarland zum High Tech-Industrieland verändert und dabei doch seinen Kulturkern – zu sehen beispielsweise in seinen Werten und Traditionen – erhalten.